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  • AutorenbildWerner Helbig

40 Tage in Kambodscha

Aktualisiert: 29. Juni 2018

Nun ist es soweit ... am Pfingstmontag geht es mit Vietnam Airlines über Hanoi und Vientiane nach Phnom Penh. Zunächst 10 Tage in der Hauptstadt Kambodschas ... Besuch von Freunden und Institutionen, die als NGO in Kambodscha Hilfe leisten.

Ich bin sehr gespannt, was ich alles sehen werde, gezeigt bekomme und ... was sich vielleicht entwickeln wird!

Danach geht es für 20 Tage nach Siem Reap. Dort warten 95 Wasserfilter zur Verteilung an die Familien aus Jim´s Dorf auf mich! Außerdem soll ich mich als Reisbauer bewähren ... mal sehen ;-)!

Danach noch einmal 10 Tage in Phnom Penh ... offen, was da alles passieren wird!

Ich freue mich auf die Reise!


22.05.2018

Angekommen …. Ankommen


Es ist immer wieder ein Erlebnis, wenn man in Asien aus dem Flughafengebäude kommt … sofort merkt man, dass man anderswo auf der Welt angekommen ist: Wärme und Luftfeuchtigkeit, aber auch andere Düfte und spezieller Lärm sind deutliches Zeichen dafür.

Für die Fahrt vom Flughafen zum Hotel, das in der Nähe des Royal Palace liegt, nehme ich mir ein Tuktuk, um gleich wieder mittendrin zu sein. Phnom Penhs Verkehr ist schon etwas Besonderes! Dominiert vom „VW“ der Bevölkerung, dem Motorscooter, schlängeln wir uns, mein Tuktuk-Driver und ich mit Koffer, in mehr oder weniger eleganter Weise durch das für europäische Gemüter unglaubliche Chaos. Ich fragte im vergangenen Jahr Jim, wie dieses vermeintliche Chaos funktioniert. Er sagte etwas Interessantes: „Wenn ein anderer mit dem Reifen seines Scooters etwas weiter in der Kreuzung ist, so respektieren wir seine Vorfahrt!“ Aha, Respekt im Verkehr … für uns etwas ganz Neues, dachte ich mir! „… und wir schwimmen wir die Fische im Verkehr, mit- und nicht gegeneinander!“ So geht es also … hinzu kommt allerdings, dass die Geschwindigkeit der motorisierten Fortbewegung in der Stadt meist nicht schneller als 30 km/h ist.


Im Hotel angekommen zeigt sich gleich die Auswirkung des anstehenden Monsuns … es regnet, was das Zeug hält. Ich war bereits im Trockenen. Nach einer Stunde ist alles vorbei!


23.05.2018

Erster Tag in Phnom Penh


Nach dem Frühstück gebe ich mir Zeit, mich ausführlich treiben zu lassen. Es ist mein viertes Mal Phnom Penh … diesmal ohne Gruppe und mit aller Zeit der Welt, ein Luxus.


Aus dem Hotel heraus lande ich gleich in einer der Straßenwerkstätten: einem Schildermacher. Mit der Laubsäge bearbeitet er vorgezeichnete Teile einer Schablone. Alles wird nach der Sägearbeit zu einem Schild zusammengesetzt.



Handarbeit, die mir auf meiner Erkundungstour durch die Hauptstadt permanent begegnen wird. Ich frage mich, wie hoch die Entlohnung des Arbeiters wohl sein wird, der so eifrig mit seiner Laubsäge zugange ist. In der Textilindustrie des Landes, die Kleidung von KiK bis Boss herstellt, hat die Regierung den Mindestlohn von 128 auf 140 USD im Monat erhöht. Ein Angestellter in einem Speditionsunternehmen verdient 250 USD im Monat. Im Tourismus sieht es noch bescheidener aus: ein Kassierer in einem Restaurant erhält ca. 120 USD im Monat.

Wie teuer ist das Leben in Phnom Penh? Ein Freund berichtet mir, dass sein Zimmer, das er mit seiner Schwester bewohnt, 100 USD im Monat kostet. Es bleiben ihm 150 USD zum Leben. Er sagt, dass er vor 5 Jahren ca. 2,50 USD am Tag zum Essen benötigte, heute seien es 5 USD. Damit ist sein Einkommen aufgebraucht. Wohlgemerkt, er gehört zur privilegierteren Mittelschicht. Eine gesetzliche Kranken- oder Rentenversicherung existiert in Kambodscha nicht. Sollte man ernstlich erkranken, kann man in die schlechten öffentlichen Krankenhäuser gehen oder muss in den privaten Kliniken viel Geld für die Behandlung bezahlen. Das können sich die meisten Menschen nicht leisten. Boren, ein Freund aus Siem Reap sagte mir einmal: „Wenn Du in Kambodscha kein Geld hast, stirbst Du sehr schnell!“



Nun bin ich auf meinem Spaziergang bei einem buddhistischen Kloster angekommen. Es ist Wat Ounalom. Als Sitz des kambodschanischen Mohanikay-Ordens ist es das wichtigste Wat von Phnom Penh und das Zentrum des kambodschanischen Buddhismus. Es wurde 1443 gegründet und besteht aus 44 Gebäuden. Es wurde während der Roten Khmerzeit beschädigt, seitdem aber restauriert. Der Hauptkomplex beherbergt einen Stupa, in der angeblich ein Augenbrauenhaar von Buddha und eine Inschrift in Pali aufbewahrt werden. Ein netter Mönch sitzt im Hauptbereich des Klosters. Ich frage ihn, ob ich fotografieren darf. Er lächelt mich freundlich an und nickt. Also los! Ein großer Raum mit Säulen umgibt mich. Am Ende eine große Ansammlung schlanker Buddha Figuren, sorgsam aufgestellt. Ich vermute, dort irgendwo sind auch die Augenbrauen von Buddha deponiert. Ich gehe nochmal zu dem netten Mönch und frage nach einem mit Haarbüscheln geschmückten Karren, der in der Ecke steht. Er erzählt mir, dass dies ein Ochsenkarren sei, der zu rituellen Zwecken genutzt würde. Auf meine Frage, wie viele Mönche in diesem Kloster seien, gibt er die Zahl 230 an. Viele der Mönche kämen aus der Provinz, eine Schule sei angeschlossen und eine von den Mönchen betriebene NGO. Er sei nun 3 Jahre in diesem Kloster und finde es sehr gut! Nun möchte ich den so locker erzählenden und fröhlich lächelnden jungen Mann auch fotografieren. Er stimmt sofort zu und dann geschieht etwas sehr Interessantes … sein bis eben noch fröhliches Gesicht, voll lebendiger Mimik verändert sich. So, als würde er in sich selbst eintauchen, bekommen seine Gesichtszüge etwas Entrücktes, Distanziertes. Schaue ich mir Fotos von anderen Mönchen an, so haben alle diesen Ausdruck irdischer Entrücktheit.



Also wieder zurück zu Irdischem … dem alten Markt. 32 Grad und Fisch ungekühlt zum Verkauf ausgestellt … das ist gewöhnungsbedürftig! Die Gerüche, die mir da in die Nase steigen, kitzeln ab und zu recht heftig an meinem Würgereiz.



Ebenso sind die Metzger in einem Teil des Marktes zu finden. Da baumeln die Fleischstücke fröhlich in der Sonne … Kambodschaner müssen gute Verdauungstrakte besitzen, denke ich so bei mir!



Die Obstabteilung ist allerdings farbenprächtig anzuschauen … da gibt es viel Exotisches. Durian ist ebenfalls an vielen Ständen zu erwerben, die Stinkfrucht. Chinesen sind ganz wild auf dieses Obst. Es schmeckt ganz gut, ist aber wegen des impertinenten Gestankes zur Mitnahme in allen Hotels verboten.



In einem anderen Teil des Marktes kann man Nonfood-Artikel erstehen… es ist also das Kaufhaus. Von der Bluse bis zum Goldkollier, von der Unterhose bis zum BH, alles vorhanden. Besonders hat es mir die Abteilung mit Haarersatzteilen angetan. Ich scherze mit den netten Verkäuferinnen, ob sie mir vielleicht so ein Teil ästhetisch hochwertig auf meinem Kopf drapieren könnten. Sie lachen lauthals los … na ja, kann ich verstehen!


Mein Spaziergang geht weiter ….


24.05.2018

Begegnung beim Mittagessen


An Restaurants mangelt es in Phnom Penh beileibe nicht! An der sogenannten Waterfront, dem Ufer des Tonle Sap, reihen sich Essens-Tempel an Essens-Tempel. Von Khmer Food bis zur französischen Küche, über Pizza bis Fisch ist hier alles erhältlich. Der Tourismus lässt schön grüßen!

Geht man weiter in die Stadt hinein, bekommt man in offenen Straßenküchen frisch zubereitete Khmer Kost. Ich bin allerdings noch nicht so mutig, dort einzukehren und begnüge mich mit einem Restaurant an der Waterfront. Da es in Kambodscha viele britische Touristen gibt, dürfen auch „Fish and Chips“ nicht fehlen. Also gut, heute mal britisch Food!

Während ich mein frisch gezapftes Bier genieße und auf meinen Bratfisch warte, bekomme ich im Minutentakt Besuch an meinem Tisch: fliegende Händler und Bettler. Alte und Kinder, Rollstuhlfahrer und ärmlich gekleidete Menschen. Dies ist das andere Gesicht der Hauptstadt. Auch wenn man abends unterwegs ist, sieht man es. Kinder und ganze Familien, die auf der Straße leben, viele Menschen mit abgetrennten Gliedmaßen (Minenopfer), die von den Spätfolgen des Krieges, der bis 1997 in Kambodscha wütete, gezeichnet sind. Alle möchten mir etwas verkaufen oder sind einfach nur als Bettler unterwegs. Nein, ich kann nicht die Welt retten, obwohl ich jedes Mal ein schlechtes Gewissen habe, wenn ich ein freundliches, aber bestimmtes „NEIN“ von mir gebe!

Dann kommt ein freundlicher junger Mann in die Nähe meines Tisches und fragt höflich, ob er sich zu mir setzen dürfe. Eine gewisse Skepsis kann ich zunächst nicht ganz verbergen, aber er lächelt, meine Unsicherheit bemerkend und beginnt sofort in erfrischender Weise zu erzählen. Er hätte Mittagspause, arbeite in einem 5 Sterne Hotel im Service und wolle etwas essen.

OK, Unsicherheit beiseite gewischt, Neugier geweckt!

Er heißt Dara, ist 28 Jahre alt, hat 12 Jahre Schule mit Abschluss absolviert, konnte nicht studieren, weil das Geld gefehlt habe, hat dann die Ausbildung zur Hotelfachkraft gemacht und ist seit 4 Jahren in dem besagten Hotel tätig. Ich bin erstaunt, wie und warum ein wildfremder Mensch mir in kürzester Zeit seinen Lebenslauf präsentiert. Ich frage ihn. Er sagt, ich sähe nett aus und er sei froh, mal ein bisschen über sich erzählen zu können. Na, da ist er bei mir ja gerade an den Richtigen geraten!

Neugierig frage ich nach und bekomme gleich seine gesamte Familie präsentiert inklusive des gestrigen Neuzugangs, einem Jungen. Der digitalen Welt sei Dank, das Fotoalbum hat man ja nun immer in der Hosentasche dabei! Viele Köpfe bekomme ich gezeigt inklusive verschiedener Erzählungen zu den einzelnen Familienmitgliedern. So erfahre ich, dass seine Mutter seit einer Woche im Krankenhaus in Phnom Penh ist. Dort kann man ihr aber nicht helfen, da die medizinischen Mittel fehlen. Dara schickt nun sein Erspartes nach Hause, damit seine Mutter in ein Krankenhaus nach Thailand gebracht werden kann. Dort wäre die Chance zur Hilfe besser, sagt er. Glücklicherweise habe er einen Job und könne mit dem Trinkgeld, das er bekomme, gut leben. Er teile sich ein kleines Zimmer, das er hier in Phnom Penh angemietet habe, mit einem Arbeitskollegen. Nach der Arbeit könne er nicht in sein Heimatdorf fahren, da es zu weit entfernt sei, ca. 45 km in Richtung thailändischer Grenze. So sei er in Phnom Penh und fahre nur nach Hause, wenn er Urlaub habe. Ich frage ihn nach seiner Arbeitszeit. Er schmunzelt. Nun hätte er 4 Stunden Mittagspause. Er arbeite jeden Tag (6 Tage in der Woche) in der Regel von morgens 7 – 12 Uhr und dann von 16 bis 22 Uhr. Bei Veranstaltungen könne es schon mal länger werden. Ich frage ungläubig nach, ob ich richtig gehört habe: 11 Stunden Arbeitszeit jeden Tag? Ja, das Leben sei nicht so einfach hier!

Ich denke kurz an das stöhnende Deutschland … nein lieber nicht!

Deshalb sei es auch ein wenig schwierig für ihn sonntags in die Kirche zu gehen? Nochmals ungläubiges Fragegesicht meinerseits … habe ich richtig gehört, KIRCHE? Wieder ein Lächeln meines Gesprächspartners. Er genießt es sichtlich, mich zu erstaunen. Soll er haben!

Alle Mitglieder seiner Familie seien Buddhisten. Er habe vor Jahren einen guten Freund gehabt, der ihm von Gott erzählt und aus der Bibel vorgelesen habe. Außerdem sei da ein Lied gewesen, das ihn zutiefst berührt habe. Nun liebe er Gott, weil er ihm immer alles sagen könne, was ihn in seinem Herzen bewege. Schade sei, dass er sonntags arbeiten müsse und deshalb nicht zum Gottesdienst gehen könne. Aber er wisse, Gott nähme es ihm nicht Übel, weil ER ihn ja sähe und wisse, dass er Geld verdienen müsse. Eine christliche Gemeinde gäbe es in Phnom Penh. Gleich zeigt er mir ein Bild des Pfarrers (in Badehose am Strand).

Mein Fisch kommt. Lecker übrigens, für 3,50 USD. Wenig Geld für mich, viel Geld für Kambodschaner!

Wir reden noch viel über Gott und die Welt … ich habe wieder Vieles erfahren und bin über dieses spontane Gespräch mit Dara sehr dankbar.

Wir bleiben in Verbindung!

25.05.2018

Wenn es Nacht wird in Phnom Penh



Ich gönne mir einen Blick vom Hoteldach auf die in Dämmerung befindliche Stadt, die rasant von stockfinsterer Dunkelheit eingehüllt wird …. ein Lichtermeer lässt Phnom Penh in einem festlich, fröhlichen Gewand erscheinen. Asiaten mögen bunte Lichter … der Beweis liegt mir zu Füßen.



Besonders schön präsentiert sich nun der königliche Palast. Golden erstrahlt er und ist Sinnbild für den Glanz dieser Stadt, die einst in der französischen Kolonialzeit als „Paris des Ostens“ bezeichnet wurde. Übrig geblieben ist an vielen Orten nur noch der morbide Rest dieses Glanzes.



Wenn ich mich umschaue, sehe ich allerdings auch das neue, aufstrebende Phnom Penh. Moderne Hochhäuser, Spielcasinos, Appartementhäuser … alles in einem riesigen Areal der Stadt entstanden. Viele dieser „Geldanlagen“ gehören dem langjährigen und immer noch im Amt befindlichen Präsidenten Kambodschas, Hun Sen und seiner Familie. Ein Schelm, der etwas Böses dabei denkt! Weiterhin investieren hier vor allem Koreaner und Chinesen.


Die Hitze des heutigen Tages lässt langsam nach. Mittags war es unerträglich! Nun, gegen 21.00 Uhr ist es angenehm warm. Kurze Hosen, T-Shirt … that´s all!

Tra, ein guter Freund, den ich nun einige Jahre kenne und mit dem ich seit unserer ersten Begegnung in Whatsapp-Kontakt bin, fährt mit seinem Motoscooter vor. Ich steige auf und die Fahrt durch das nächtliche Phnom Penh beginnt.



Scooter hinter uns, vor uns, neben uns, dazwischen Tuktuks und Autos. Nachts und aus der Roller-Perspektive betrachtet sieht alles fast unwirklich schön aus. Der Verkehr hat irgendwie seine chaotische Wirkung verloren. Viele Scooter sind mit Pärchen besetzt, die in Richtung der nächsten Disco unterwegs sind. Alles fährt dicht nebeneinander, aneinander vorbei und an den Ampelkreuzungen hat das gesamte Geschehen einen echten Happening-Charakter. Viele scheinen sich zu kennen und plaudern lachender Weise, man beäugt sich und macht Witzchen. Bei grün fährt alles gleichzeitig los, in wildem Durcheinander, wie die Fische im Wasser… wie vor dem Ampelstopp: dicht nebeneinander, aneinander vorbei …

Wieder ein Ampelstopp … ich muss zweimal hinschauen: eine ältere Frau liegt mitten auf der dreispurigen Straße, eine Schale steht neben ihr. Ich frage Tra, ob da ein Unfall passiert sei und ob wir helfen sollen. Nein, sie würde hier immer an der Ampelkreuzung liegen und die wartenden Fahrzeuge um Geld anbetteln. Nicht zu glauben … bei fließendem Verkehr kann sie leicht übersehen und überfahren werden. Aber man scheint hier an sie gewöhnt zu sein … heftig! Dieses Bild bleibt lange in meinem Kopf!


Nun erreichen wir unser Ziel, den Gemüsemarkt Phnom Penhs. Es ist der Gemüsegroßhandel, bei dem sich alle Restaurants und die Gemüseverkäufer in der Stadt mit allem eindecken, was Feld, Wald und Wiese so hergeben. Rechts und links der befahrenen Hauptstraße werden von den skurrilsten Vehikeln unterschiedliche Gemüsesorten ab- oder aufgeladen. Gemüse, soweit das Auge reicht! Der Markt ist rund um die Uhr geöffnet, nachts ist aber der meiste Betrieb, weil da sowohl angeliefert wird, als auch die Einkäufer der Restaurants unterwegs sind. Auf meine Frage, wo denn all das hier angebaut würde, kommt die ernüchternde Antwort: meist in Vietnam. Die Vietnamesen können wohl durch Einsatz von viel Chemie günstiger als die heimische Landwirtschaft produzieren. Schlecht für die kambodschanische Gesundheit und die heimische Landwirtschaft.


Der größte Gemüsemarkt Kambodschas



26.05.2018

Samstag … noch ein bisschen Alltagsflair


Heute setze ich meinen Spaziergang durch die Stadt fort. An der ersten Kreuzung begegnet mir gleich das Bierauto … kann man es so nennen? Das Gewicht der Bierdosen auf dem Anhänger kann ich nicht schätzen, aber der Motorscooter hat ordentlich zu arbeiten, um die Fracht zu bewegen.



Kambodschaner trinken auch gerne mal ein Bierchen, wenn auch im Maßen.

„Entgegen anderen Religionen spricht der Buddhismus keine generellen Verbote aus. Das Trinken von Alkohol ist also nicht mit einem „Du-darfst-nicht“ belastet – es sollte freiwillig und ganz bewusst auf den Konsum von Drogen verzichtet werden. Daher obliegt es jedem Gläubigen selbst zu entscheiden, welche Bewusstseinsstufe er oder sie erklimmen möchte. Um aus dem Samsara, dem immerwährenden, leidvollen Kreislauf von Geburt und Wiedergeburt auszubrechen, können Sie sich an die von Buddha ausgegebenen Tugenden halten. Jene bilden die Grundlage eines ethisch einwandfreien Lebens. Die sogenannten „Fünf Silas“ beziehen sich auf das Töten, Stehlen, Lügen und die Abkehr von sexuellem Fehlverhalten. In der letzten Sila geht es um den Verzicht von Rauschmittel ganz allgemein.“ (siehe https://www.buddhanetz.net/alkohol-im-buddhismus)


So viele Scooter und Tuktuks und keine einzige Tankstelle zu entdecken. Ich weiß von meinem letzten Aufenthalt, dass es an den Ausfallstraßen Phnom Penhs Tankstellen gibt, aber die Massen von Fahrzeugen können doch nicht immer alle zum Tanken aus der Stadt hinausfahren!? … und da ist sie auch schon, die innerstädtische Tankstelle. Benzin abgefüllt in PET-Flaschen (vorher war dort Cola drin) wird literweise verkauft. Der freundliche „Tankstellenbesitzer“ hat sogar Druckluft, um die Reifen des Scooters aufzufüllen. Er legt dazu selbst Hand an. Hier wird Service noch großgeschrieben!



Jeder Motorroller-Besitzer achtet sehr auf sein Gefährt. Der Anschaffungspreis ist nicht erheblich billiger als bei uns, bei einem Zehntel unseres vergleichbaren Einkommens. Deshalb ist für die meisten Menschen eine Anschaffung nur auf Kredit möglich. Motorscooter sind in Asien aus dem täglichen Leben nicht mehr wegzudenken. Sie dienen dazu, sich fortzubewegen und Güter zu transportieren. Auch in Asien verändert sich die Welt … Mobilität ist notwendig um Arbeit zu finden und konkurrenzfähig zu sein, mit allen Konsequenzen, die wir zur Genüge kennen! Abends ist jeder Scooter-Besitzer deshalb genau darauf bedacht, sein Zweirad sicher zu deponieren. Diebstähle sind leider an der Tagesordnung … zum Teil Armutskriminalität, zum Teil Beschaffungskriminalität für Drogen. Überall trifft man deshalb auf bewachte Parkplätze. Für ein paar Riel kann man hier seinen Scooter abstellen und er ist sicher.



Ich komme an vielen kleinen Handwerksläden vorbei und treffe einen Rikschafahrer, der Pause macht. Gemütlich macht er auf seinem Dreirad ein Nickerchen. Fast schon ein Anachronismus, denn heute sind die Rikschas meist motorisiert und heißen Tuktuk. Anders als im europäischen Süden gibt es hier in Kambodscha keine offizielle Siesta, d.h. die Geschäfte haben hier den ganzen Tag geöffnet, ohne Pause. In der brütenden Mittagshitze fahren die meisten Leute aber ihr Aktivitätslevel stark nach unten … wen wundert´s!



Nebenan gibt es einen Open-air-Friseur ... einen voll ausgestatteten Friseurladen mit allem, was einen guten Schönheitssalon ausmacht, nur eben auf dem Bürgersteig. Davon gibt es jede Menge …



In der Nähe des Königspalastes hat eine freundliche junge Frau einen Coffee-Shop eröffnet. Sehr geschmackvoll eingerichtet, mit Bistrotischchen davor und Espressomaschine als Herzstück des Ladens. Das Ganze ist allerdings mobil gehalten und in einem kleinen Transporter untergebracht. Ich frage sie, wie lange sie diesen Shop schon habe. 3 Monate, erwidert sie, und sie hoffe, dass sie gut über die Low-Season, also die Regenzeit, komme. Von Mai bis Oktober sind recht wenig Touristen unterwegs … Ausnahme: die Chinesen. In Rudeln fallen sie lautstark überall ein und nehmen alles sofort in Beschlag. Der Capuccino war übrigens ausgezeichnet!



Auf der anderen Straßenseite sehe ich ein Geschäft, das mich interessiert: einen Wine-Shop. Ich gehe hinein und finde mich, gefühlt, in einer Tiefkühltruhe wieder. Nach erster Schockstarre nehme ich wahr, dass ich mich in einem Tempel guter Tropfen aus aller Welt befinde. Champagner, vom Piccolo bis zur Magnum, Weine aus Frankreich, Italien, Südafrika, Chile und dem Rheingau. Die Preise beginnen bei 40 USD die Flasche! Der Besitzer ist ein Franzose. Die Franzosen haben zu Kambodscha wohl immer noch eine besondere Beziehung … die Kolonialzeit lässt schön grüßen! Im kulinarischen Bereich ist der französischen Einfluss ausgesprochen befruchtend. Cross-Over-Restaurants gibt es sehr viele, das Essen aus einer Mixtur von "bell cuisine" und "asiatisch" ist ausgesprochen lecker und meist sehr raffiniert zubereitet. Eine echte Empfehlung für Gourmets!



Noch einmal zurück zum Alltag der normalen kambodschanischen Bevölkerung: ich finde eine Straßenschuhmacherei. Vor einem älteren Ehepaar liegen haufenweise kaputte Schuhe … von alten Jesuslatschen angefangen bis zu Adidas-Sneakern, deren Sohle vom Schuh herunterhängt. Letztere interessieren mich besonders, da ich weiß, dass keiner unserer Schuhmacher, so man überhaupt noch einen findet, bei solchen Defekten auch nur einen Finger krümmen würde. „Kauf Dir neue!“ bekäme man zu hören. Nein, die ältere Dame, zeigt mir, dass sie die Schuhe zunächst leimen und dann nochmal von unten durch die Sohle nähen würde, damit alles gut fixiert bliebe. Wir unterhalten uns nonverbal, sie ist aber gut verständlich! Meine Frage, was diese Arbeit denn koste, versteht sie nicht … ich spreche wahrscheinlich einen etwas merkwürdigen Dialekt.


27.05.2018

Die Königliche Universität der feinen Künste in Phnom Penh


Manche Dinge kommen unverhofft … für heute erhielt ich eine freundliche Einladung, dem Unterricht der Tänzer in der Universität der feinen Künste beizuwohnen.



Die Universität blickt auf eine recht lange Geschichte zurück. Sie wurde 1918 als Königliche Schule der Künste eröffnet. Während des Gewaltregimes der Khmer Rouge schloss man sie von 1975 bis 1979. 1980 eröffnete man sie erneut als Kunstschule und änderte ihren Status 1988 in „Königliche Universität der feinen Künste“. An der Hochschule gibt es fünf Fakultäten: Architektur und Stadtplanung, Archäologie, Bildende Kunst, Choreographie und Musik. Rund 800 Schüler besuchen die verschiedenen Klassen der Universität. Die Studiengänge werden in Übereinstimmung mit nationalen und internationalen Lehrstandards durchgeführt. Bildungsabschluss ist der Bachelor. Die Königliche Universität der Schönen Künste ist Kambodschas Hauptzentrum für Bildung und Forschung in Kunst und Kultur.

Ihr Hauptziel ist es, eine junge Generation von aktiv tätigen Künstlern, Architekten und Archäologen auszubilden. Sie sollen zur Bewahrung und Entwicklung der verschiedenen Formen und Ausdrucksformen der Khmer-Kultur beitragen.

Ein Bekannter studiert hier Tanz. An seinem Unterricht darf ich heute teilnehmen.

Die Fakultät für Choreografische Künste besteht aus drei Hauptbereichen: Tanz, Schauspiel und Kino. Tänzer, Choreografen und Regisseure werden ausgebildet. Sie sollen vor allem klassische Formen der darstellenden Künste erlernen. Den Studierenden werden auch die Grundlagen der modernen audiovisuellen Medien vermittelt.

Beim Betreten des Universitätsgeländes fällt mir auf, dass es ein Ort ist, der durch viele alte Bäume, einer großen Anzahl alter Gebäude, die durch ihre rote Farbe eine heimelige Atmosphäre ausstrahlen, Ruhe und Ausgeglichenheit vermittelt.

Dazwischen gibt es kleine Pavillons, in denen Studierende der Bildenden Künste damit beschäftigt sind, zu malen.



Ein Stückchen weiter waren die Bildhauer am Werk. Einige Skulpturen sind ausgestellt. Hier sieht man die Bandbreite der Arbeiten, von klassisch bis modern.



Um die Ecke herum höre ich bereits eine recht dominante Stimme, deren Klang ich folge.

In einem großen Innenhof sehe ich eine überdachte Tanzfläche von ca. 15 x 10 Metern. Darauf ungefähr 80 junge Leute, die alle traditionelle Khmer-Kleidung tragen. Ein etwas dicklicher Mann, in Jogginghose gekleidet, steht vor der Gruppe, die in Reih und Glied aufgereiht ist und gibt mit lauter Stimme Anweisungen, denen die jungen Leute nachkommen. Ich treffe in der Aufwärmphase der Tänzer ein. Mir schmerzen nur vom Zuschauen alle Gelenke. Es wird gerade der traditionelle Khmer-Tanz gelehrt. Überdehnung der Finger in extreme Spannungslagen gehören ebenso dazu, wie Dehnungen von Armen und Beinen in Positionen, die für mich, als steifen Europäer, nicht nachvollziehbar sind, nicht einmal in Gedanken! Jahrelange Übung machen solche Stretching-Übungen möglich!



„Für die Angehörigen der Khmer ist die Tanzkunst ein einzigartiges und heiliges Kulturmerkmal. Sie stellt den geistigen Bedarf der Khmer nach der harten Arbeit dar. Inzwischen umfasst die Tanzkunst der Khmer drei Tanzarten, nämlich den folkloristischen Tanz, spirituellen Tanz und Theater-Tanz.

Zu traditionellen Festen tanzen junge und alte Paare zu folkloristischen Tänzen mit Melodien von Trommeln und traditionellen Musikinstrumenten. Alle folkloristischen Tänze der Khmer sind sehr lustig und schlau. Sie sind in allen Dörfern sehr populär. Wenn die Musik erklingt, tanzen die Dorfeinwohner, egal ob Kinder oder Senioren, spontan zur Musik. Die zweite Tanzart der Khmer ist der spirituelle Tanz. Diese Tanzart wird bei der Zeremonie zur Verehrung der Götter, die die Felder und Dörfer schützen sowie bei Festen in den Pagoden und zu Buddhas Geburtstag vorgeführt. Heutzutage ist diese Tanzart nicht mehr populär und dadurch in einigen Orten in Vergessenheit geraten.

Die letzte Tanzart ist der Theater-Tanz.

In der Tanzkunst der Khmer spielt die Musik eine entscheidende Rolle, ob Werke erfolgreich sind oder nicht. Die Musik und der Tanz sind harmonisch und stammen aus den Seelen der Khmer. Deshalb sind sie sehr extravagant und frei.

Für die Khmer hat die Tanzkunst einen großen Einfluss und eine enge Verbindung mit der Architektur, der Malerei und dem geistigen Leben. Die Tänze finden oft in den Pagoden statt. Man weiß nicht, ob die Pagode vor der Tanzkunst oder umgekehrt entstanden ist. In der Architektur der Pagoden der Khmer gibt es allerdings zahlreiche Darstellungen von Tänzern und heiligen Vögeln. Die Tanzkunst ist nicht nur mit dem Alltagsleben der Khmer verbunden. Sie ist ebenfalls ein einzigartiges geistiges Kulturmerkmal.“ (Han Ha, 08.03.2016)



Nun werden auf der großen Tanzfläche Stück für Stück neue Teile eines Tanzes eingeübt. Mir fällt sofort die Komplexität der Bewegungen auf: Arm-, Bein- und Körperhaltung, Mimik, Kopfhaltung … alles verändert sich permanent in vorgeschriebener Art und Weise. Eine Koordinationsarbeit, die unglaubliche Fähigkeiten an Körperbeherrschung und geistiger Konzentrationsfähigkeit verlangt. Das „Endprodukt“ ist ein sich grazil verwindender Körper des Tänzers, der zur Khmer-Musik intensive Gefühle auszudrücken im Stande ist. Ich bin sehr beeindruckt, auch über die Ausdauer, mit der geprobt wird. Von morgens 8 bis 17.00 Uhr, mit einer einstündigen Mittagspause, üben die Studierenden. Dabei haben wir ca. 35 Grad Temperatur und der Schweiß rinnt in Strömen.


Ein Stückchen weiter sehe ich kleinere Gruppen üben. Eine Fortgeschrittenen-Gruppe besteht aus 10 Tänzern. Hier sieht man noch mehr, wie extrem komplex diese Tänze aufgebaut sind.

Eine andere Gruppe besteht meist aus Mädchen und Frauen. Hier wird der Tempeltanz eingeübt. Die Abbildungen der rituellen Apsara-Tänzerinnen sieht man zu Hauf als Relief in Angkor. Diese Tradition wird hier am Leben erhalten!



Nach dem Unterricht gehe ich mit meinem Bekannten noch ein Bier trinken. Er erzählt mir, tanzen sei sein Leben und dass es sein größter Wunsch sei, im Ausland eine Tanzkarriere aufzubauen. Er hatte bereits Anfragen, die aber bisher alle mangels Geld scheiterten.

Ja, das Geld spielt in Kambodscha überall eine große Rolle. Die Wünsche und Träume vieler junger Kambodschaner platzen förmlich, weil die Finanzierung einfach nicht möglich ist. Ich frage ihn, wie es denn um die Möglichkeit stünde, in Kambodscha als Tänzer beruflich tätig zu sein.

Er lächelt!


28.05.2018

Have a break …


Nun bin ich eine Woche in Phnom Penh und habe viele neue Eindrücke gewonnen. Mein Besuch bei der Organisation „Clear Cambodia“, die Wasserprojekte in Südkambodscha durchführt, ist für das letzte Viertel meines Kambodscha-Aufenthaltes terminiert. Übermorgen fahre ich mit dem Bus nach Siem Reap. Mein geplantes Vorhaben, mit dem Schnellboot auf dem Tonle Sap die Strecke nach Siem Reap zu befahren, musste ich leider ad acta legen. Der Tonle Sap, es ist der größte Süßwassersee Südostasiens und eines der fischreichsten Gewässer der Welt, hat zur Zeit zu wenig Wasser, um es Schiffen zu ermöglichen, in Siem Reap anzulegen.

„Jedes Jahr im Juni ist dort ein weltweit einzigartiges Naturphänomen zu beobachten. Der Mekong führt zu dieser Zeit auf Grund der Monsunregenfälle und durch das Schmelzwasser aus dem Himalaya bis zu viermal mehr Wasser als in den trockenen Monaten. Da Kambodscha ein großteils sehr flaches und ebenes Land ist, drängt das Wasser des Mekong in den Tonle-Sap-Fluss, und dieser wechselt die Fließrichtung. Die Wassermassen drängen zurück in das Becken des Tonle Sap und füllen den See, der während der trockenen Jahreszeit eine Oberfläche von 2.600 – 3.000 km² aufweist, bis er auf circa 10.400 km² (inkl. umliegende Flusslandschaften: bis zu 25.000 km²) anwächst und bis zu fünfmal so tief ist (von 2–3 m auf 14 m). Der Höhepunkt der Überflutungen wird im September erreicht. Zu diesem Zeitpunkt ist knapp ein Drittel der landwirtschaftlichen Kulturfläche Kambodschas von Wasser bedeckt.“ (siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Tonle_Sap_(See))

Die Schifffahrt beginnt wieder im Oktober. Also geht´s mit dem Bus nach Siem Reap. Für die 320 km lange Strecke entlang des Sees benötigt der Bus, wenn alles gut geht, ca. 6-7 Stunden. Es ist eine gut ausgebaute, aber auch verkehrsreiche Straße, die die beiden Städte verbindet.


Beim Abendessen frage ich Thea (Name geändert) nach den schwierigsten Themen in Kambodscha: Krieg, Khmer Rouge und heutige politische Lage des Landes. Ich merke, dass er sehr nachdenklich wird und sehr genau überlegt, was er mir sagt. Zunächst erzählt er mir, wie seine Familie, die in einem Dorf südlich Phnom Penhs lebt, die vierjährige Schreckensherrschaft der Roten Khmer unter Pol Pot, die von 1975 - 1979 dauerte, erlebt hat. Seine Großeltern mütterlicherseits seien Bauern gewesen und hätten 6 Kinder gehabt. 5 von Ihnen hätten eine gute Schulausbildung genossen, Thea´s Mutter hätte auf dem Bauernhof mithelfen müssen und war deshalb immer nur in ihrem Dorf. Seine Onkel und Tanten hätten vor der Herrschaft der Khmer Rouge alle in Phnom Penh gelebt und wären teils in akademischen Berufen tätig gewesen. Als die Roten Khmer Phnom Penh am 17. April 1975 eroberten, währte der Jubel über das Ende des Bürgerkriegs nicht lange. Nur wenige Stunden später zwangen sie die Bevölkerung von Pnom Penh dazu, die Stadt zu verlassen. Die Vertreibung der Stadtbevölkerung, ihre Zahl wird auf 1,5 bis 2,6 Millionen geschätzt, war der Eintritt in das „Jahr Null“, mit dem eine neue Zeitrechnung in Kambodscha beginnen sollte. Es war der erste Schritt der Roten Khmer auf dem Weg zu einem primitiven Agrarkommunismus. Über Lautsprecher und Megaphone hatten die Soldaten der Roten Khmer in den Morgenstunden des 17. April 1975 der Bevölkerung erklärt, dass sie die Stadt für ein paar Tage verlassen sollte. Sie begründeten die Evakuierung damit, dass angeblich ein amerikanischer Bombenangriff bevorstehe. Viele wurden unter vorgehaltener Waffe zum Gehen gezwungen.

Thea berichtet, dass sein Onkel, er war Hochschullehrer, seit diesem Zeitpunkt verschollen sei: ermordet oder vielleicht doch ins Ausland entkommen, die Familie weiß es nicht. Die neue Regierung der Roten Khmer um Pol Pot, der weitgehend im Hintergrund agierte, begann sofort mit der völligen Umgestaltung der Gesellschaft zu einem autarken radikal-kommunistischen Bauernstaat und nannte das Land zynischer Weise "Demokratisches Kambodscha". Die Ideologie: bedürfnislose Gleichheit der Menschen.

Die Städter wurden wie Vieh von Phnom Penh aufs Land vertrieben, damit sie für die Partei keine Gefahr darstellten und in der landwirtschaftlichen Produktion eingesetzt werden konnten. Intellektuelle wurden erschossen. Bald waren die Städte des Landes wie ausgestorben. Der Privatbesitz wurde abgeschafft, ebenso das Geld und der freie Handel.

Alle Kambodschaner, die nicht unmittelbar politisch verfolgt und getötet wurden, mussten unter strengster Bewachung auf den Reis- und Baumwollfeldern sowie im Straßenbau unter unmenschlichen Bedingungen arbeiten. Dabei verhungerten und verdursteten viele, starben an Krankheiten oder wurden von den Aufsehern erschlagen. So entstanden die "Killing Fields": die Getöteten wurden direkt neben den Feldern, auf denen sie gearbeitet hatten, begraben.

Tuol Sleng, das Foltergefängnis in Phnom Penh – dieser Name steht für das Grauen und den Terror der Gewaltherrschaft der Roten Khmer, für Folter und Ermordung. Ein Auszug aus dem Verhörhandbuch für das Sicherheitsgefängnis S-21 in Tuol Sleng:

"Der Zweck der Folter ist es, Antworten zu erhalten. Wir machen das nicht aus Spaß. Wir müssen sie verletzen, damit sie schnell antworten. Eine weitere Methode ist, sie seelisch zu zerbrechen, ihnen den Willen zu nehmen." (siehe https://www.planet-wissen.de/kultur/asien/kambodscha/pwiedierotenkhmer100.html)

Zwischen 15.000 und 20.000 Kambodschaner starben in S-21. Sie wurden gefoltert und ermordet, weil sie sich nach Ansicht der Roten Khmer eines Verbrechens schuldig gemacht hatten, "subversive Elemente" oder schlicht "Intellektuelle" waren, also beispielsweise eine Fremdsprache beherrschten oder eine Brille trugen. Weniger als ein Dutzend Menschen überlebten das S-21.


Insgesamt kamen in den 4 Jahren der Gewaltherrschaft der Roten Khmer geschätzt 1,7 bis 2,2 Millionen Kambodschaner ums Leben, also ein Drittel der Gesamtbevölkerung.


Thea`s Tante beging Selbstmord, da Ihr Mann und Ihr Kind getötet wurden. Sein anderer Onkel verlor seine 8 Kinder und Frau … Es gibt in Kambodscha kaum eine Familie, die in dieser Zeit nicht Familienmitglieder verloren hat.


Und die Aufarbeitung? 2007 nahm ein Khmer-Rouge Tribunal die Arbeit auf. Es gab ein paar Verurteilungen, man sprach immer wieder von politischer Einflussnahme auf die Prozesse. Tatsache ist, dass viele der Khmer-Rouge-Spitzel, die überall in den Dörfern tätig waren, zum Teil bis heute in politischen Ämtern tätig sind.


Ich merke Thea an, dass er leise wird, wenn er über Politik spricht. Es ist auch heute in Kambodscha noch sehr gefährlich, seine Meinung zu äußern. Die Pressefreiheit wurde eingeschränkt, die Oppositionspartei verboten, Oppositionelle inhaftiert, mit den Menschenrechten steht es ebenfalls nicht zum Besten. Ich befinde mich in keinem freien Land!


Ich habe eine gute Zusammenfassung über Kambodscha gefunden, die sehr aktuell ist und versucht, dieses Land sachlich zu beschreiben. Es lohnt sich, dort einmal hineinzuschauen: https://www.liportal.de/kambodscha/geschichte-staat/


29.05.2018

Hans guck in die Luft


Heute kam ich zufällig am Zentralmarkt vorbei. Es ist eines der architektonisch interessantesten Gebäude der Stadt, wie ich finde… Art Decó aus der französischen Kolonialzeit. Angeregt von dieser Schönheit, tat ich nun das, was ich in Wiesbaden auch manchmal mache: ich spiele „Hans guck in die Luft“ und schaue nach oben. Ich erwähnte bereits, dass Phnom Penh zur Zeit der französischen Kolonie als „Paris des Ostens“ bezeichnet wurde. Aber nun der Reihe nach …

Natürlich fallen einem zunächst die traditionellen Gebäude der Stadt ins Auge. Zu ihnen zählen das Nationalmuseum, der Königspalast mit der Silberpagode, Wat Botum, Wat Langka, Wat Ounalom und Wat Phnom. Gebaut wurden diese Gebäude in ihrer „Erstfassung“ im 15. Jahrhundert. Einige wurden bereits mehrfach restauriert, renoviert oder gänzlich neu aufgebaut. Diese Prachtbauten prägen den asiatischen Charakter der Stadt und sind alle in gutem Zustand.


Königspalast Phnom Penh


Wandert man weiter durch die Geschichte Phnom Penhs, fallen einem die bereits erwähnten Gebäude aus der französischen Kolonialzeit auf, allen voran der Zentralmarkt (1935-1937 errichtet). Ein echter Traum in Art Decó! Er wurde vor Kurzem neu restauriert und erstrahlt nun in frischem Glanz. Aber auch das alte Postgebäude aus dieser Zeit kann sich durchaus sehen lassen. Das Gebäude des Foreign Correspondent’s Club of Cambodia (FCC) an der Waterfront ist gleichfalls im Reigen der Kolonialgebäude zu nennen.


Zentralmarkt


Altes Postgebäude

Leider sind bereits viele hervorragende Architekturbeispiele dieser Zeit dem Verfall oder neuer Boutique-Hotel-Bauten erlegen. Man hat beispielsweise ein ganzes Art Decó Ensemble dem Bau eines Parkplatzes geopfert. Aber es gibt auch andere Beispiele. Ich entdecke eine Großbaustelle, die hermetisch durch hohe Bauzäune abgeriegelt ist. Ein Schild verrät mir, dass dahinter ein Grandhotel entstehen wird. Irgendwie habe ich Glück, und ein Lastwagen möchte das Baugelände verlassen, als ich mich gerade vor dem Tor befinde. Security-Personal öffnet das Tor und gibt mir den Blick in die Baustelle frei. Ich sehe, dass der Bauplatz freigeräumt wurde, d.h. alle alten Bausubstanzen wurden abgerissen, nur in der Mitte steht, teils abgestützt, das Gerippe einer alten Kolonialvilla. Ich frage nach. Ja, das alte Haus soll in die neue Architektur des Grandhotels integriert werden. Na, so geht es doch auch, denke ich so bei mir. Sicherlich ist das Ganze eine Kostenfrage. Ich bin gespannt, wie sich mir bei meinem nächsten Aufenthalt in Kambodscha diese Baustelle und vor allem das alte Gebäude präsentieren werden.



Nachdem Kambodscha 1953 die Unabhängigkeit von den Franzosen erlangte, erlebte die Stadt einen beispiellosen Bauboom unter der Patronage von König Norodom Sihanouk. Diese goldene Ära der modernen Architektur wird auch Neue Khmer-Architektur genannt. Unter den Architekten ist vor allem Vann Molyvann zu nennen, der vom König zum Nationalarchitekten ernannt wurde und der in Paris unter Le Corbusier studierte. Er und andere Architekten entwickelten einen Stil, der als Mischung von Bauhaus, Moderne und Tradition von Angkor beschrieben werden kann. Einzigartige Bauwerke wie das Nationaltheater, das Haus der Minister, das Institut für Fremdsprachen, das Nationale Sportzentrum, die Gebäude der königlichen Universität sowie Villen für die aufstrebende neue Mittel- und Oberschicht wurden zwischen 1950 und 1970 errichtet. Bei meiner nächtlichen Fahrt zum Gemüsemarkt bin ich an einem anderen architektonischen Zeugnis aus dem Jahr 1958 vorbeigekommen, dem Unabhängigkeitsdenkmal.



Das modere Phnom Penh ist dominiert durch Hochhausbauten, die allerdings zum Teil von hervorragenden Architekten entworfen wurden. Das Bild der Stadt verändert sich rasant.

Zum Schmunzeln brachte mich auf meinem „Hans-Guck-in-die-Luft“-Spaziergang ein Appartementhaus im slimline-Format. Einem Streichholz gleich ragt es in den Himmel. Hier war sicherlich kein Star-Architekt am Werk, aber skurril ist das allemal!



30.05.2018

Erster Abschied


Heute ist zunächst der letzte Tag in Phnom Penh für mich, bevor ich Morgen nach Siem Reap fahre. Das Busticket ist gekauft. Ich werde mit dem nobelsten Bus fahren, der zwischen Phnom Penh und Siem Reap verkehrt: Giant Ibis. Das Ticket kostet inklusive Hoteltransfer zur Busstation 15 USD (für 320 km). Dafür werde ich dann 6 - 7 Stunden vollklimatisiert durch die Gegend geschaukelt.

Es ist heute unerträglich heiß, ich schätze um die 40 Grad. Am Abend entlädt sich die aufgeheizte Luft in einem heftigen Gewitter. Anders als bei uns kühlt es danach leider nicht ab. Durch die hohe Luftfeuchtigkeit ist das Dampfbad nun perfekt!

Der beste Ort, um sich bei diesem Wetter aufzuhalten, ist ein klimatisierter Raum. Ich bin abends noch mit Tra unterwegs und wir genehmigen uns ein paar Cocktails, um uns innerlich ein wenig abzukühlen.

Bye, bye Phnom Penh … in 20 Tagen komme ich wieder!



31.05.2018

On the road to … Siem Reap


Super, alles hat heute Morgen wunderbar geklappt. Der Transfer vom Hotel zum Reisebus mit Shuttleservice des Busunternehmens, der bestellte Sitzplatz, die pünktliche Abfahrt … alles bestens! Im halb besetzten Reisebus befinden sich außer mir noch einige Kambodschaner und ansonsten Touristen aus alles Welt, darunter viele Backpacker. Kambodscha kann man ganz gut als Rucksacktourist bereisen. Es gibt in den Städten überall Hostels, die für sehr wenig Geld ein Bett zur Verfügung stellen. Ab 1 USD kann man da übernachten. Ideal für Studenten mit schmaler Reisekasse.

Die Fahrt geht durch 4 Provinzen: Kandan, Kampong Cham, Kampong Thom und Siem Reap.

Die Fahrt aus Phnom Pehn hinaus zieht sich eine ganze Weile hin. Schuld daran sind der Verkehr und die große Ausdehnung der Hauptstadt. Wir überqueren den Tonle Sap Fluß und fahren östlich des Tonle Sap Sees nach Norden in Richtung Siem Reap. Vorbei an kleinen Dörfern, in denen das Alltagsleben in vollem Gange ist, ändert sich die Landschaft zusehens.



Weite landwirtschaftlich genutzte Flächen, die zum Teil unter Wasser stehen, deuten auf Reisanbau hin. Erst etwas später sehe ich das faszinierende Farbe der Reisflächen. Soweit das Auge reicht leuchtet es saftig grün unter dem blauen Himmel. Obwohl der Tonle Sap im Moment das Land noch nicht überflutet hat, scheint in diesem Jahr genug Wasser vorhanden zu sein. Ich bin gespannt, wie es bei Jim nördlich von Siem Reap aussieht.



Die Bauweise der Häuser ändert sich ebenfalls. Überall stehen nun die typischen Stelzenhäuser, die anzeigen, dass das Land in einem Monat, wenn der Mekong den Tonle Sap See aufgefüllt hat, völlig unter Wasser stehen wird. Gut für den Reisanbau, schlecht für trockene Füße!



Pünktlich um 15.45 Uhr erreichen wir Siem Reap. Der Tuktuk-Fahrer des Hotels wartet bereits mit meinem Namensschild auf mich. Kurze Fahrt zum Hotel und einchecken.

Siem Reap … ich bin dann mal da!


01.06.2018

Erst mal wieder schauen


Zurück in Siem Reap …das letzte Mal war ich vor einem Jahr hier. Ich mag diese Stadt mit ihren Gegensätzen. Eigentlich kommt man sich vor, wie in einem Dorf, wenn man in einem der Außenbezirke unterwegs ist. Kleine, verwinkelte Gassen mit zum Teil sehr ärmlichen Häuschen, in denen jeweils Großfamilien leben, dann wieder ein Sportplatz, auf dem Volleyball gespielt wird und die Neuigkeiten des Tages ausgetauscht werden.



Aber es gibt auch die mondäneren Stadtviertel mit ihren Gartenvillen, die man vom Weg aus nicht erkennt, da sie weit hinten in den Grundstücken liegen und dann ... der Touristen-Bereich: Ballermann lässt schön grüßen (Pub Street, 3 Nightmarkets, der Old Market) … Kneipe an Kneipe, Shop an Shop, Massagesalon an Massagesalon. Laut und schrill … wenn man aber beispielsweise Pattaya in Thailand kennt, dann ist dies hier noch ein Idyll.


Zugpferd der Touri-Gastronomie ist das gezapfte Bier für einen halben USD, also 50 Cent. Es dient den Restaurants dazu, die Kunden anzulocken. Und es funktioniert!


Ich gehe an diesem Abend mit zwei Freunden in eine Kneipe, in der vor allem Einheimische verkehren. Essen ist prima, Bier kostet auch hier nur 50 Cent. Beim Essen erzählt mir Li seine Lebensgeschichte im Zeitraffer: Eltern unbekannt, als Kind bettelnd auf der Straße gelebt, dabei fast gestorben, dann von einer NGO gefunden und aufgenommen, hat sich dort bestens entwickelt, war gut in der Schule und hat diese mit Auszeichnung abgeschlossen. Dann Kochlehre und in verschiedenen Hotels angestellt. Dann die Liebe seines Lebens gefunden und fliegt Morgen nach Italien, um dort mit seinem Mann zu leben (er ist Italiener). Die Heirat ist geplant.

Ich denke so bei mir, wieviel Prozent der Kids, die ich hier auf der Straße sehe, werde es wohl ebenso wie Li schaffen? Ich befürchte, sehr wenige.


Wir genießen die Abendshow in einer Bar und trinken ein paar Cocktails.



02.06.2018

Mit dem Motorroller auf Erkundungstour


Heute habe ich mir einen Motorscooter ausgeliehen … ich möchte ausprobieren, wie es ist, im Verkehrschaos mitzuschwimmen. Offiziell ist es Ausländern verboten, in Kambodscha ein Kraftfahrzeug zu fahren. Aber hier würde es ein wenig relaxter gesehen, ich möge nur keinen Unfall bauen und immer schön Helm tragen, dann würde schon nichts passieren.

Also gut: no risk, no fun!

Bei der Fahrzeugübergabe erwarte ich die Nachfrage nach meinem Führerschein … Fehlanzeige. Ich unterschreibe irgendetwas und bekomme den Schlüssel für den roten Runner. Schön ist er nicht mehr, eher heruntergekommen, aber er springt auf Anhieb an und zieht aus ganz gut los. Die Bremsen … na ja!



Meine heutige Mission: Einige Tempel von Angkor, die touristisch völlig unbekannt sind, zu finden und zu erkunden. Dann noch eine NGO (Nicht-Regierungs-Hilfsorganisation) mit dem Titel "Angkor Kids Center" zu besuchen.


Also los geht´s ins Getümmel. Es ist ziemlich einfach, im Verkehr mitzuschwimmen. Man muss nur ein bisschen auf alles aufpassen, was um einen herum so passiert. Und man lässt einfach andere durch, wenn sie schon weiter in der Kreuzung sind … auf rechts vor links beharren führt zum sicheren Unfall. Ich bin wirklich erstaunt, wie unproblematisch ich mich von Anfang an mit meinem roten Renner bewegen kann. Mein Weg führt vorbei am Airport weit außerhalb des Großgeländes der Ausgrabungen von Angkor. Zunächst möchte ich mir Banteay Thom anschauen, einen Tempel, der aufgrund seiner abgeschiedenen Lage im Nordwesten von Angkor noch eine der Anlagen frei von Touristen ist. Nach 3 Fehlversuchen, die mich mit meinem Motorroller im Nichts enden ließen, finde ich den Weg, der zum Tempel führt. Doch ach … die Uniform kenne ich, ein Wächter der Tempelverwaltung, die Angkor vermarktet. Eine Eintrittskarte, um Angkor besuchen zu dürfen kostet zur Zeit 37 USD am Tag. Da ich das Zentrum Angkors mit Angkor Thom, Bayon, Ta Prom und Angkor Wat schon mehrfach gesehen habe, bin ich gar nicht an einem Ticket interessiert. Nun hat die Tempelverwaltung wohl auch den abgelegenen Tempel Banteay Thom mit in die „Bewachung“ einbezogen. Nun gut, ich fahre zu dem jungen Mann in Uniform, stelle mich dumm und frage nach dem Weg zum Tempel. Er möchte gleich mein Ticket sehen. Hab keins! Dann geht´s hier nicht weiter. OK, ich versuche es mit Lachen und Charme, bringt leider nichts. Also gut, abhaken. Er ist aber kommunikativ (ihm scheint auch langweilig zu sein) und fragt, woher ich komme. Deutschland. Ah ja, hat er Freunde. Er wohne hier in der Nähe mit seiner Frau und 2 Kindern. Ob ich Interesse an Land hätte, er wüsste da etwas. Ach, bin ich an einen Immobilienmakler geraten? Er würde es gerne selbst kaufen, habe aber kein Geld. Nun malt er mit einem Stöckchen ein Quadrat in den Sand und eine Zahl daneben. Das Grundstück solle 5000 USD kosten, sei in der Nähe der Hauptstraße und wäre 25x25 m groß. Man könne dort ein Häuschen bauen oder einen Coffee-Shop errichten. OK, ist aber schon etwas abgelegen, wende ich ein … na ja, aber in Siem Reap koste die gleiche Größe bereits das Zehnfache. Das Verkaufsgespräch endet mit dem Austausch von Telefonnummern …ich stelle mich als Landbesitzer in Kambodscha vor … nein, nicht wirklich.



Weiter geht meine Fahrt auf der asphaltierten Straße Richtung Angkor Thum. Unterwegs sehe ich, dass in einem Haus gerade eine Feier zu Ende zu gehen scheint. 7 Mönche, die wohl eine Zeremonie bei diesem Event abgehalten haben, machen sich auf den Weg in Richtung Straße. Ich halte, weil ich um ein Foto bitten möchte. Doch sie kommen mir zuvor. Von Weitem grüßt einer schon mit „How are you?“. Na bestens, erwidere ich. In kürzester Zeit umringen sie mich samt rotem Renner. Der Englisch sprechende Mönch fragt mich, wo ich hin wolle. Roundtrip … ancient monuments. Er lacht. Ich scherze, ob sie alle mit mir mitfahren möchten, auf meinem Moped. Großes Gelächter. Nein, zur Pagode zurück fahren sie mit dem Tuktuk, das schon bereitsteht. Ich mache mein Angebot dennoch ein zweites Mal. Und siehe da, ein alter Mönch möchte als Sozius mit mir fahren … krass, denke ich und schon sitzt er hinter mir auf der Mopedbank. Alle lachen! Nun also besonders vorsichtig fahren und los geht´s! Von der asphaltierten Straße geht es nun auf eine Holperpiste. Der Mönch hält sich wacker hinter mir fest, es schüttelt ordentlich! Nach mehreren Kilometern Rüttelstrecke erreichen wir eine Schule im Nirgendwo. Es ist gerade Schulschluss und die Kids sind ganz begeistert, als sie die Langnase mit Mönch im Nacken anknattern sehen. Ein großes Gelächter allerseits und mein Mönch lacht sich hinter mir ebenfalls fast kaputt. Nun geht es noch in Begleitung einiger radfahrender Schüler um zwei Biegungen und wir sind da, an der Pagode. Der Mönch bedankt sich freundlich bei mir, wobei er noch Tränen des Lachens in seinem Gesicht hat. Ich bitte um ein Foto mit ihm. Eine alte Frau, die hier zu wohnen scheint, ist gerade in unserer Nähe zu Gange. Sie soll nun ein Foto von uns schießen. Sie ziert sich. Ich drücke ihr einfach die Kamera in die Hand und zeige ihr den Auslöser. So ein Ding hatte sie noch nie in ihrer Hand, das sehe ich. Mit dem Daumen betätigt sie, unter verschämtem Lachen, den Knopf (wie das geht, ist mir ein Rätsel, aber sie schafft es, ein Bild zu machen). Etwas unten abgeschnitten, aber egal, wir sind dokumentiert inklusive des roten Renners im Hintergrund. Ich mache noch ein Foto von dem Mönch, dessen Mimik sich ebenso verändert, wie die des Mönchs, den ich am ersten Tag in Phnom Penh fotografiert habe … er wirkt plötzlich wie entrückt!




Freundlicher Abschied, die anderen kommen gerade mit ihrem Tuktuk an und winken mir lachend zu. Ich mache mich auf den Weg, um nun doch an einen weiteren versteckten Tempel Angkors heranzukommen (ohne abgestoppt zu werden).

Aber erst liegt noch das NGO Projekt "Angkor Kids Center" auf dem Weg.


Ich folge weiter der Hoppelpiste. Zum Glück habe ich in meinem Smartphone eine offline Karte, die richtig gut ist und das GPS funktioniert auch zufriedenstellend. Ich fahre nun an vielen kleinen Häuschen vorbei, die zwischen Bananenstauden und anderen exotischen Sträuchern und Bäumen versteckt sind. Alles sieht sehr ärmlich aus … die Menschen sind einfach gekleidet, die Kinder haben meist nur kurze Hose oder Kleidchen an und viele gehörten einmal in einer Badewanne richtig abgeschrubbt. Dies tut aber der Freundlichkeit und Neugier mir gegenüber, dem Europäer auf dem roten Renner, keinen Abbruch. Bei einer Familie, die mir lachend zuwinkt, mache ich halt. Die älteren Mädchen versuchen ihr Englisch: woher ich käme, ob ich Geschwister hätte, wie alt ich sei … Verhör im Kurzformat. Ich lache und gebe wahrheitsgemäß Auskunft, was bei den Müttern wohl für Erstaunen sorgt … so alt?!

Als Gegenleistung für meine personality-Daten darf ich fotografieren … Geben und Nehmen auf Augenhöhe.



Meine Suche nach dem "Angkor Kids Center" gestaltet sich als recht schwierig. Ich frage mich durch, wobei die älteren Leute hier kein Englisch verstehen. Erst beim 6. oder 7. Mal habe ich Glück. Zwei Schüler zeigen mir den Weg.

Versteckt hinter anderen Häusern steht nun das Schulgebäude. Ich war im Internet auf das Projekt gestoßen. Aus der Initiative eines einzelnen Kambodschaners entstand dieses Projekt, das von Spenden aus aller Welt lebt und sich zum Ziel gesetzt hat, den Kids der Umgebung Englisch beizubringen. Mein Gesprächspartner ist Thy, der als "Mädchen für alles" hier angestellt ist, wie er mir erzählt. Ca. 300 Kinder und Jugendliche seien von Montag bis Freitag jeweils 2 Stunden vormittags oder nachmittags hier, um Englisch zu lernen. Außerdem habe man ein Ökologie-Projekt, das für das Thema Umwelt sensibilisieren soll. Besonders würde man mit den Jugendlichen das Problem des Plastikmülls prakmatisch angehen. Der Englischunterricht würde ehrenamtlich von Studenten der näheren Umgebung abgehalten. Er zeigt mir stolz 7 neue Laptops, die eben erst gekauft worden seien. Eine Solaranlage um Strom zu erzeugen habe man auch. Diese sei aus Deutschland gespendet worden. Ich frage Thy, ob in der regulären Primary- und Secundary School kein Englisch gelehrt würde. Er sagt, wenn, dann von schlechter Qualität … aber viele Kinder aus der Nachbarschaft gingen gar nicht zur Schule, kämen aber hierher.

https://www.angkorkidscenter.org/

Ich verabschiede mich von Thy. Leider kann ich nicht sehen, ob die Aussagen auch wirklich zutreffen. Es ist Samstag und deshalb ist auch kein Unterricht.



Nun unternehme ich einen weiteren Versuch, an einen versteckten Tempel heranzukommen. Die Pisten, die ich fahren muss, sind mehr als abenteuerlich. Ich hoffe immer, dass mein roter Renner durchhält. Seit Kurzem brennt nämlich eine Warnlampe … mit dem Motor scheint etwas nicht in Ordnung zu sein. Ich beschließe, das blöde Licht zu ignorieren und auf mein Glück zu vertrauen.

Nach Urwaldpfaden, Schlammpisten und steinigen Pfaden erreiche ich tatsächlich „meinen Tempel“, den Banteay Prei. Ich bin ganz allein, das ist in Angkor der Luxus schlechthin, den ich mir allerdings auch ordentlich verdienen musste. Wie bei allen Khmer-Tempeln erschließt sich für mich der Zauber erst, wenn man die Möglichkeit hat, diese Ruinen ohne Störfaktoren wie Lärm etc. zu erkunden. Ich befinde mich im Dschungel (Banteay Prei bedeutet auch "Festung im Dschungel“) und höre Vögel und im Hintergrund sind Gibbons mit ihrem Reviergesang zu vernehmen. Ansonsten ist Stille um mich herum. Ich kann mich ganz auf den Tempel konzentrieren.



„Banteay Prei ist eine mittelgroße Anlage aus der gleichen Bayon-Periode und vom Grundriss ähnlich wie Ta Som und Ta Nei. Gallerien und Türme sind im Falle Banteay Preis niedriger, darum erscheint er nahezu wie ein Miniaturtempel. Innerhalb der äußeren (sogenannten "dritten") Einfriedung umgibt ein Wassergraben das Areal des Kerntempels. Er misst 80 m mal 60 m. Die Galerien bilden die Einfassung des innersten ("ersten") Hofes, der 30 m von Ost nach West und 25 m von Nord nach Süd misst. Die Mauern aller Gebäude sind mit Blumenornamenten und Devatas (Apsaras) im typischen Bayon-Stil geschmückt. Wie bei anderen buddhistischen Khmer-Monumenten sind bei vielen Skulpturen die Gesichter zerstört, einige von den hinduistischen Bilderstürmern des 13. Jahrhudnerts, aber andere erst während des Bürgerkriegs, als der Kunstraub der Roten Khmer diesen Teil Angkors oft heimsuchte. Es gibt einen Steinpfeiler mit einem Fischmotiv unbekannter Symbolik im südwestlichen Teil des Innenhofs. Ähnliche Stelen wurden in anderen Tempeln der Bayon-Periode gefunden, so im nahen Preah Khan und in Ta Som.“ (siehe http://www.angkor-travels.com/html/secretplaces.php?p_lang=de)



Nahe Banteay Prei steht gleich der kleine Tempelkomplex von Prasat Prei auf einer natürlichen Anhöhe, den ich mir ebenfalls anschaue.



Das war ein Tag voller Erlebnisse und Überraschungen. Mein roter Renner hat übrigens kurz vor dem Hotel den Geist aufgegeben ... Motorschaden. Morgen bekomme ich einen neuen.

Zufrieden lasse ich beim Abendessen nochmals alles Revue passieren.

Kambodscha erschließt sich mir gerade neu …


03.06.2018

Lotusfarm, Stelzenhäuser, versteckte Khmer-Tempel


Heute Morgen ist er tatsächlich da, der neue Motorroller. Na ja, neu ist auch der nicht gerade, knapp 30 000 km bei diesen Schotterpisten, das muss schon gute Qualität sein, wenn der noch problemlos läuft. Deshalb mache ich zunächst mal eine Proberunde. Er ist tatsächlich um Klassen besser als mein roter Renner. OK, Vertrauen geschenkt … dann kann es losgehen!



Meine heutigen Ziele sind der Schiffsanleger von Siem Reap am Tonle Sap und der Bereich um das Ausgrabungszentrum von Bakong.

Der weiße Blitz, wie ich meinen neuen Scooter taufe, macht seinem Namen alle Ehre … geht ab wie ein Zäpfchen in strahlendem Weiß. Ich übe mich wieder im traffic-swimming, geht ganz gut! Man kommt sich mit den anderen Scooterfahrern ziemlich nah, so als säße man in Bus nebeneinander. An der Ampel ist das recht interessant. Ich habe eben mal gezählt … wir standen zu zehnt nebeneinander an der Haltelinie einer Ampel auf einer 3 spurigen Fahrbahn. Mit von der Partie waren noch ein SUV und ein Tuktuk. Ich war auf das Chaos beim Start gespannt. Die Ampeln in Kambodscha zählen den Countdown herunter, sodass man genau weiß, wann es losgeht. Zu meiner Überraschung läuft alles sehr relaxt ab … jeder achtet auf seinen Nachbarn, keine Rangeleien, es organisiert sich alles wie von Geisterhand ... und ich mittendrin.


Meine Fahrt geht entlang des Siem Reap Rivers in Richtung Süden. Links fließt das Flüsschen, das im Tonle Sap mündet, rechts reihen sich Verkaufsstand an Verkaufsstand. Alles was man zum täglichen Bedarf benötigt, kann man hier erstehen. Irgendwann hören die Stände auf, ich nähere mich dem See. Nun sehe ich weite Felder, auf denen Lotusblumen angebaut werden. Die herrliche Blüte wird für buddhistische Zeremonien, als Opfergabe sowie zur Ausschmückung von Tempeln und Häusern genutzt. Die Samen der Blüte kann man auch gut essen. Sie schmecken ein bisschen so wie Zuckererbsen. Lotusblumen, soweit das Auge reicht. Sie können hier wachsen, weil durch die Nähe des Sees Wasser vorhanden ist. In der Trockenzeit werden die Felder durch Kanäle bewässert. Lotusblumen sind Wasserpflanzen, vergleichbar unseren Seerosen.

„Seine Fähigkeit, Schmutz von sich zu weisen, ließ den Lotus in weiten Teilen Asiens zum Sinnbild für Reinheit, Treue, Schöpferkraft und Erleuchtung werden. Das Symbol findet sich sowohl im Hinduismus als auch im Buddhismus, wo die Erleuchteten (Buddhas), insbesondere Siddhartha Gautama, regelmäßig auf einer geöffneten Lotosblüte oder einem Lotousthron stehend oder sitzend dargestellt werden.“ (siehe Wikipedia)



Nun bin ich am See angekommen … oder dort, wo ab Juli bis Oktober Wasser ist. Die Pfahlbauten zeigen unmissverständlich an, wie hoch die Fluten in ein paar Wochen hier sein werden. Nun sieht man aber all das, was ansonsten im Wasser des Sees landet ... Plastikmüll, Schmutz etc. Zwischen den Häusern sind kleine Dämme, die nun als Wege dienen. Ich balanciere mit meinem weißen Blitz darauf herum, von vielen Augen beobachtet. Diesmal ist mir nicht ganz wohl, hier herumzufahren. Es ist das erste Mal, dass ich den Eindruck habe, nicht wirklich willkommen zu sein. Dennoch schaue ich mich um. Mir fällt ein Schild auf, welches auf ein Wasserprojekt hinweist. „Water Pump Well“ steht darauf und zwei Mädchen zeigen mir gleich die Errungenschaft. Ein einfaches hellblaues Rohrsystem geht in den Boden und holt über manuelles Pumpen Grundwasser herauf. Ich weiß, dass das Trinkwasserproblem auch am Tonle Sap vorhanden ist. Das Wasser des Sees ist an den Ufern sehr schmutzig, da der See für alles Mögliche genutzt wird, u.a. gehen Abwässer ungeklärt hinein. In dem Bereich, in dem ich mich jetzt befinde, gibt es in der Trockenzeit gar kein Wasser. Die Leute müssen Trinkwasser kaufen oder aus Tümpeln, die es gibt, trinken. Nun wäre interessant herauszubekommen, ob dieses heraufgepumpte Grundwasser bakteriell einwandfrei ist. Ich bleibe dran!



Direkt neben diesem Stelzendorf erhebt sich ein Berg mit einem Kloster. Ich fahre zunächst einmal um den Berg herum. Die Piste ist rutschig und schwierig zu befahren. Bei einem Kloster am Fuß des Berges bleibe ich stehen. Nebenan eine Schule … Primary und Secundary School und ein Stückchen weiter tatsächlich die erste Highschool, die ich sehe und die ist wirklich sehr abgeschieden. Nach der Umrundung parke ich mein Gefährt, das übrigens super geländegängig ist und beginne meinen Aufstieg zum Gipfel des Berges bei ca. 38 Grad. Viele Treppenstufen führen hinauf. Am Ende der Treppe erwarten mich zwei Überraschungen … ich stehe auf einer Straße, die zum Gipfel führt (hätte ich auch hinauffahren können, denke ich mir) und … ein pinkfarbenes Hemd. Langsam sehe ich rot. Wieder einer dieser Tempelwächter. Ich möchte nur zum Gipfel um herunter zu schauen, nun darf ich nicht, weil dort angeblich ein alter Tempel sei. Wusste ich gar nicht. Langsam nervt mich diese Abzocke. Ich verstehe, dass bei den Touristenmassen von Angkor Wat ein Regulativ eingebaut werden muss, ich verstehe auch, dass die Erhaltung der Tempelanlagen Geld kostet … allerdings vermute ich, dass viele der Einnahmen nicht dort ankommen, wo sie eigentlich hinsollten. Die Restaurierungsarbeiten in Angkor machen zum Großteil ausländische Ärchäologenteams aus aller Welt u.a. auch aus Deutschland.



Ich darf also nur von meinem Treppenabsatz nach unten fotografieren und muss dann wieder absteigen. Echt doof!

Nach dem Lunch fahre ich nochmal in eine andere Richtung auf der Nationalstraße 6, um noch ein paar versteckte Tempel aufzuspüren. Diesmal besuche ich das Bakong-Gebiet, weit entfernt von Angkor. Ich fahre ein ganzes Stück vor der offiziellen Zufahrtsstraße zum Tempelbereich von der N6 ab, vielleicht stehen wieder irgendwo rosa Männer herum. Nun geht es an vielen kleinen Bauernhöfen vorbei. Die Piste ist alles andere als angenehm zu fahren … glatt, steinig, mit tiefen Löchern. Konzentration ist gefordert. Wieder begrüßen mich unterwegs Kindergruppen, zum Teil in hervorragendem Englisch.



In dem Gebiet gibt es drei größere Tempel, Bakong ist die bekannteste Anlage. Der in den frühen Jahren des Königreichs Kambuja erbaute Tempel gehört zur so genannten Roluos-Gruppe. Bakong ist der erste monumentale Tempelberg, den ein Khmer-König in der Ebene errichten ließ und stellt einen bedeutenden Entwicklungssprung in der Khmer-Architektur dar.

Also ganz unbekannt ist diese Tempelanlage nicht!

Das merke ich auch, als ich mich nähere … Ticketabfrage … hab keins … umdrehen. Na, kenne ich ja schon. Ich komme dann trotzdem auf Schleichwegen an die Tempel heran.

Mein erster ist der Prei Monti Tempel. Ich bin wieder ganz allein, diesmal auch keine rosa Tempelhüter.

„Der Shiva geweihte hinduistische Tempel Prei Montí entstand vielleicht schon im frühen 9. Jahrhundert. Auf einer gemeinsamen niederen Terrasse stehen nordsüdlich nebeneinander die Ruinen dreier Prasat (Tempeltürme) aus Ziegelmauerwerk; jeder Turm besitzt einen quadratischen Grundriss (etwa 4 auf 4 m), einen sandsteingerahmten Eingang auf der Ostseite und Scheintüren in den übrigen drei Wänden. In den Innenräumen standen vermutlich Linga-Skulpturen. Eine Erdumwallung (etwa 900 auf 700 m) umgibt die Anlage.“ (Wikipedia)

Auch hier nur Urwaldgeräusche, sonst nicht … oder doch? Zwei Kinder kommen angelaufen und sind sichtlich erstaunt, dass sich ein "foreigner" zu ihrem Spielplatz verlaufen hat.

Sie gehen wieder, da sie mich wohl für langweilig halten.

Der Tempel ist nicht gut erhalten, dennoch strahlt er etwas Mystisches aus. Sicherlich spielt hier die Umgebung auch eine Rolle, es ist schwül, überall tropft es von den Bäumen und der Wald lebt. Ich fotografiere recht lange und lasse diesen Ort auf mich wirken.



Dann weiter mit dem weißen Blitz auf wirklich verschlungenen Pfaden zum Bakong. In die Anlage komme ich nicht hinein … rosa Tempelwächter. Aber auch von außen kann man über die Mauer und den Wassergraben auf den erhöhten Tempel im Inneren schauen. Die Maiskolbenform des Tempelturmes erinnert schon stark an Angkor Wat.



Langsam dämmert es und ich will vor Einbruch der Dunkelheit wieder zurück in Siem Reap sein. Also das letzte Mal auf die Schlammpiste für heute bis zur N6 in Richtung Hotel.


04.06.2018

Wasser und kranke Kinder


Gestern Abend ging ein schweres Gewitter in Siem Reap nieder, die Straßen verwandelten sich in Flüsse. Eine Stunde, dann war alles vorbei … allerdings sieht man heute Morgen überall die Auswirkungen. Schlamm auf den Straßen, heruntergefallene Äste, herumliegende Gegenstände. Viele Menschen sind mit Säuberungs- und Aufräumarbeiten beschäftigt.

Angesichts der Wassermassen, die vom Himmel gekommen sind, überlege ich mir, dass ich heute „Wasser“ zu meinem Haupt-Exkursionsthema mache.

Ich fahre in Richtung westlicher Baray. Mein weißer Blitz rennt super!


„Der Westliche Baray ist ein Wasserreservoir aus der Angkorzeit.

Der Westliche Baray liegt knapp außerhalb der Stadtmauern von Angkor Thom und ist west-östlich ausgerichtet. Der unter der Herrschaft von Suryavarman I. begonnene Bau wurde von dessen Nachfolger Udayadityavarman II. beendet. Sein Grundriss ist rechteckig und bemisst sich auf 2,1 Kilometer mal 8 Kilometer; er bildet damit den größten Baray in Angkor. Das Wasser wird von aus Erde gebildeten Deichen gehalten. Im Zentrum des Baray liegt auf einer kleinen künstlich aufgeschütteten Insel der von Udayadityavarman II. bis 1066 fertiggestellte westliche Mebon. Die Baumeister des Westlichen Baray scheinen frühere Bauten mit einbezogen zu haben. Der östliche Teil des Deichs gehörte wohl größtenteils zur Deichanlage, die die Stadt bereits zur Zeit des Königs Yasovarman I. geschützt hatte. Im südlichen Teil wurde infolge des Deichbaus ein steinerner Pyramidentempel überflutet, während sich im Westteil eine alte Siedlung findet, die ebenfalls im Wasser unterging. Auf einer Stele aus dem Jahr 713 finden sich Hinweise auf Reisfelder, die der Königin Jayadevi als Opfer übereignet wurden.

In neuerer Zeit wurde zum Zweck der Wasserregulierung eine Schleuse in den Süddeich des Westlichen Baray eingebaut. Heute führt seine westliche Hälfte das ganze Jahr über Wasser; während der Regenzeit ist dann auch die östliche Hälfte gefüllt. Infolge des klaren, ruhigen Wassers ist der Baray ein beliebter Ausflugsort für Schwimmer und Ruderer.“ (siehe Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Westlicher_Baray)


https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Angkor_Ruins_from_Space.jpg
Unten der Tonle Sap, in der Mitte (rechteckig blau) der Westliche Baray

Ich steige die Schleuse hinunter und befinde mich am Sandstrand, der sich einige hundert Meter nach links und ca. 2 Kilometer nach rechts zieht. Am Rande des Strandes stehen mit Palmblättern gedeckte Hütten, die den Badegästen als Laube dienen. Heute ist Montag, da ist nicht viel Betrieb. Ein paar badende Kinder, die mich aus dem Wasser heraus begrüßen und zwei Mönche, die unter einem Sonnensegel sitzend, auf den See schauen. Ich spaziere ein Stück am Strand entlang und fotografiere. Nun beobachte ich etwas Kurioses … einer der Mönche schnappt sich einen als Schwimmring bereitliegenden Autoreifen und stürzt sich in voller Möchsmontur in die Fluten. Er hat sichtlich Spaß dabei und plantscht mit den Kindern um die Wette. Ich gehe zu dem anderen Mönch, der noch auf seinem Platz sitzt, sage freundlich „Hello!“ und beginne meine Neugierde zu befriedigen. Ob das Wasser warm sei und ob er auch schon gebadet hätte … ja (mit breitem Grinsen). Es sei sehr schön hier und er genieße es. Er sei in einem Kloster in Phnom Penh und mache für 3 Tage mit seinem Mönchsfreund hier in Siem Reap Urlaub. Sie hätten eine billige Unterkunft gefunden, denn sie benötigten nicht viel Komfort und seien sehr glücklich, hier zu sein. Das glaube ich ihm aufs Wort. Echt netter Kerl, denke ich so bei mir. Wir plaudern über das Klosterleben und dass in seinem Kloster ein relativ liberaler Geist herrsche. Nun bin ich gespannt, wie das Foto wird, um das ich ihn bitte … diesmal bleibt die Mimik relativ offen mit angedeutetem Lächeln, ohne Rückzug nach innen. Wir verabschieden uns sehr freundschaftlich … eine kurze, aber intensive Begegnung.

Sein Freund plantscht noch!



Am Schleusenausgang sitzt eine alte Frau und angelt.



Ich gehe nun zu Fuß weiter … Wandern im Dschungel ist angesagt. Mein Ziel ist mal wieder ein alter Tempel. Zunächst geht es eine Fahrpiste entlang. Dann zeigt mein GPS an, ich solle nach rechts abbiegen … aha! Ich sehe keinen Weg, nur dichtes Gestrüpp. Ein paar Schritte weiter vernehme ich die Andeutung von Trittspuren, die in den Dschungel führen. OK, schaun wir mal! Nun wird es eng, dicht um mich herum wildes Grün teils recht stachelig … eine Machete wäre jetzt prima. So stapfe ich mehr gebückt als aufrecht eine halbe Stunde durch den Wald. Dann öffnet sich das Grün und ich stehe auf einer Lichtung. Ich sehe ein Bauernhaus und bewirtschaftetes Land. Erst mal durchatmen! Aber mein GPS funktioniert, sonst hätte ich mich nicht bis hierher durchgeschlagen. Ich höre etwas knattern und folge dem Geräusch. Um die Wegbiegung kommt ein junger Mann, der sich von einer Maschine, die er steuert, ziehen lässt. Ich folge ihm und sehe, dass er in Richtung eines Feldes fährt. Dort ist der Boden bereits umgepflügt. Er zerkleinert nun mit seiner Maschine die Erde in eine feinere Struktur, wohl um danach besser pflanzen zu können. Was angebaut werden soll, erfahre ich leider nicht. Er und sein Freund, der ebenfalls auftaucht, sprechen leider kein Englisch.



Mein GPS sagt, alter Tempel links … wie soll ich dorthin kommen? Ich frage eine Familie, die gerade damit beschäftigt ist, einen Zaun um ihr Reisfeld zu ziehen. Die jungen Leute wissen nichts vom „ancient temple“, aber der alte Mann deutet sofort in die Richtung, die auch mein GPS anzeigt. Und er zeigt mir auch den Weg. Also an zwei schnaubenden Wasserbüffeln vorbei zur Anhöhe. Nun wird mir klar, warum hier keine rosa Tempelwächter zu sehen sind. Der Kas Ho Tempel und sein Nachbar, der Mlob Rersey gehören sicherlich in die Zeit des Baus des westlichen Baray also um 1000. Zu sehen ist allerdings nicht mehr sehr viel davon. Ein angedeutetes Tor und ein paar herumliegende bearbeitete Steine auf einem Hügel. Rund herum wuchern Palmen und viel Gestrüpp. Zwei Termitenhügel sind zu sehen, die sich neben den Tempelresten fotogen platziert haben. Eine Würgefeige versucht, einer Palme den Garaus zu machen … wie es aussieht, mit Erfolg.

Ein Tempel, der wirklich versteckt ist … und ich war da (lach!)



Ich gehe wieder an den noch böser dreinschauenden Wasserbüffeln vorbei und gelange zurück auf den Weg. Er zieht sich nun entlang einiger Reisfelder. Alle sind voll Wasser. Das Gebiet um den Baray wird durch Wasserkanäle bewässert, deshalb ist es hier ein gutes Reisanbaugebiet. Anders in den Bereichen, in denen ich mich die letzten Tage herumgetrieben habe. Dort ist alles trocken. Ich bin gespannt, wie es bei Jim aussieht. Morgen ist er zurück aus Laos!